Alte Wasserkunst Bautzen | Der Karrasekturm

Der Karrasekturm

Um viele Bauwerke Bautzens ranken sich Sagen und Legenden.


siehe auch:
Die Sage vom Frosch in der Wasserkunst
Romeo und Julia an der Ortenburg
Am Nikolaiturm

Sie lesen Auszüge aus dem Buch “Sagen der Stadt Bautzen”.
Herausgeber: Sorbisches Folklorezentrum beim Haus für sorbische Volkskultur
Text: Erich Schneider – Krawc

Der Karrasekturm

In der Südwestecke der Ortenburg steht der Burgwasserturm. Er gehört zu den ältesten Teilen der Anlage und wird auch als Fronfeste bezeichnet, da er von 1740 an längere Zeit in seinem Seitenflügel als Gefängnis diente. Die erhaltenen Gitter vor den Fenstern weisen noch darauf hin. Sein volkstümlicher Name lautet Karrasekturm und erinnert an den Räuber Johannes Karrasek, der Ende des 18. Jahrhunderts in der Oberlausitz sein Unwesen trieb, aber in des Volkes Gunst stand und bis 1800 hier eingekerkert war.

Wer war dieser Karrasek? Er wurde 1765 in Smichow bei Prag als Sohn eines Tischlers geboren, lernte zuerst seines Vaters Handwerk, ging aber dann zu einem Metzger in die Lehre und arbeitete sechs Jahre lang in mährischen Orten als Fleischhauer. Dann beschuldigte man ihn eines Diebstahls, den er nicht begangen haben wollte. Nach vier Jahren Strafarbeit trat er in Melnik in den Dienst eines Paschers, wurde wegen Verdachts der Fahnenflucht nach Theresienstadt gebracht, desertierte dort und entwich nach Sachsen. Hier war er Tischler, Hausierer und geriet bald in den Kreis einer Räuberbande. Von nun an führte er ein unstetes Leben, beging, wie im später nachgewiesen wurde, in dreieinhalb Jahren 24 Einbrüche als Anführer der Bande und wurde schließlich mit zehn seiner Kumpane verhaftet. Am 8. August 1800 wurde er nach Butzen gebracht und zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde später in lebenslängliche Haft im Dresdener Festungsbau verwandelt. 1803 wurde er dorthin gebracht und starb 1809.

Worin bestand die Volkstümlichkeit des Karrasek? Die Opfer der Raubzüge waren vor allem Handelsleute, Geldwechsler, Gutsbesitzer und Müller. Die werktätigen Menschen hatten nichts zu befürchten, im Gegenteil, Karrasek erwies sich oft als Wohltäter, gab den Armen von seiner Beute oder geleitete auch einmal Frauen oder Handwerker, die sich vor ihm fürchteten, sicher durch den Wald und gab sich am Schluss erst zu erkennen. Bis in unser Jahrhundert wurden im Oberland noch zahlreiche Legenden von ihm erzählt, und in Flugschriften wurden von dem Leben des „berüchtigten Räubers Karrasek“ berichtet.

Die Anteilnahme des Volkes widerspiegelt auch folgende Erzählung: In Bautzen hat Karrasek in einem ganz finsteren Loch gelegen. Nach einiger Zeit hat man ihn dann in eine andere Zelle gelegt, wo wenigstens ein kleines Fenster war. Den großen Stein mit dem eisernen Ringe kann man noch sehen. Da haben sie den armen Mann dran gefesselt. Allemal zu Mittag hat der Aufseher das Fensterl aufgemacht, dass ein bissel Luft rein konnte. Drei Minuten lang hat er so gelüftet. Das haben die Leute gewusst, und da sind jeden Mittag die Kinder gekommen und haben gerufen: „Karrasek, bist du noch da?“ Und er hat jedes Mal geantwortet: „Karrasek ist noch nicht weg.“ Diese Redensart hat sich bei den Seidauer Jungen bis zum ersten Weltkrieg erhalten.

In diesem Schlossturm wurde 1809 auch ein anderer Räuber, der „böhmische Wenzel“, gefangen gehalten, der aber an einem aus seinen Kleidern geflochtenen Seil flüchten konnte.


 

 

 

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