Alte Wasserkunst Bautzen | Fakten Maschinenanlage

Fakten Maschinenanlage

Kolbenpumpen fördern Wasser nach oben…


siehe auch:
Video der Maschinenanlage
Details (Fotos) der Maschinenanlage
Hochwasser in der Alten Wasserkunst, 2010
Die Alte Wasserkunst im Wandel Zeit

 Text: Mathias Mirtschin | Filmproduktion Video: Matthias Leber

Die Maschinenanlage der Alten Wasserkunst

Die Maschinenanlage der Alten Wasserkunst in ihrer heutigen Form hatte die Aufgabe, das in den Brunnen vor der Stadt, im Spreebad, im Humboldthain und am Waggonbau gesammelte und in Rohren mit freiem Gefälle zugeführte Grundwasser in den in der Mönchskirchruine stehenden Hochbehälter zu pumpen.
Die Maschinenanlage wurde seit der Erbauung der Alten Wasserkunst immer wieder erneuert und dem Stand der Technik angepasst. Für alle Anlagen galt das gleiche Prinzip, die Wasserkraft der Spree zur Förderung des Trinkwassers zu nutzen. Durch das 67 m breite Steinwehr wird die Spree angestaut, so dass eine Bruttofallhöhe von 1,45 Meter erreicht wird. Die durchschnittliche Wasserführung an dieser Stelle (Flusskilometer 331,2 [von der Mündung aus]) beträgt 2 Kubikmeter pro Sekunde. Somit ist das Wasserkraftdargebot mit rund 20 Kilowatt gegeben und unter Berücksichtigung des Umwandlungswirk-ungsgrades bis zu dieser Größe je nach eingesetzter Maschine nutzbar. Das frühere Wasserrad hat einen Wirkungsgrad von 0,4; d.h., weniger als die Hälfte der angebotenen Energie wurde ausgenutzt. Moderne Wasserräder erreichen Wirkungsgrade von 0,6. Die jetzt, um 1920 eingebaute Francisturbine, erreicht einen Wirkungsgrad von 0,7.
Aus den wenigen vorhandenen Unterlagen geht hervor, dass die Turbine eine Leistung von 17,5 PS = 12,7 kW hat. Im Gegensatz zur Kraftmaschine hat sich die Art der Pumpen nicht geändert. Seit jeher werden Kolbenpumpen eingesetzt. Höhere Bearbeitungsgenauigkeiten und weiterentwickeltes Material haben aber auch hier zu höherer Betriebssicherheit geführt.


Die Wirkungsweise der Maschinenanlage

Mit dem Steinwehr wird die Spree angestaut, der Stau zieht sich mehrere 100 Meter bis zum Wehr der ehemaligen Walke flussaufwärts hin. Ein aus Flacheisen bestehendes Sieb, Einlauffrechen genannt, hält im Wasser treibende Güter zurück. Der Rechen wird mit einer großen Harke von Hand gereinigt. Die Tauchwand aus Brettern soll verhindern, dass auf der Wasseroberfläche treibendes Laub, Holz, oder auch Müll in die Turbine gelangen. Ein hinter dem Rechen liegender Schütz erlaubt das Absperren des Zulaufs. Das Wasser wird über einen mit Ziegelgewölbe gedeckten Kanal unter der Straße hindurch dem Maschinenraum zugeführt. Ein Schütz dient dazu, den Stauraum bei Reparaturen abzulassen. Im Maschinenraum befindet sich ein weiterer Schütz zum zusätzlichen Absperren des Turbinenschachtes. Ein kurzer mit Brettern abgedeckter Kanal führt das Wasser in den Turbinenschacht. In diesem ist die Francisturbine eingebaut. Durch mehrere verstellbare Leitschaufeln strömt das Wasser in das Laufrad mit festen Schaufeln, versetzt dieses in Drehbewegung und verlässt Turbine und Maschinenraum durch einen wiederum mit Ziegelgewölbe gedeckten Kanal. Dieser führt unter der Straße hindurch und mündet unmittelbar neben der Brücke in die Spree. Mit der Verstellung der Leitschaufeln über das rechts neben dem Schütz auf einem Ständer befindliche Handrad kann die Leistung der Turbine verstellt werden. Die Turbinenwelle trägt das große gusseiserne Zahnrad mit eingesetzten Holzzähnen, Kammrad genannt (Durchmesser 1370 mm; 95 Zähne). Der Werkstoff Holz für die Zähne soll Schwingungen dämpfen, führt aber auch zu Energieverlusten und starken Betriebsgeräuschen. Das Kammrad treibt über ein gusseisernes Kegelrad die 1. Welle an. Ein Blechring verhindert ein Hineingreifen in das sich mit 60 Umdrehungen pro Minute drehende Kammrad. Der Blechring trägt zwei Öler für die Turbinenlager. Vor der 1.Welle wird über die Riemen die lange rechts an der Wand zu sehende 2. Welle angetrieben.

Die Turbine wurde von der Maschinenbaufirma K. u. Th. Möller GmbH, Brackwede / Westf., geliefert.
Von der 2. Welle aus werden über je einen Riementrieb die beiden Doppelkolbenpumpen angetrieben. Bei beiden kann der Riemen zwischen einer festen und einer losen Scheibe hin- und hergeschoben werden. Auf die lose Scheibe gelegt, ist die jeweilige Pumpe außer Betrieb gesetzt. Die 2. Welle kann zusätzlich durch einen Elektromotor angetrieben werden, der auf der über dem Fußboden hängenden Wippe steht. Das war meist im Sommer notwendig, wenn die Wasserführung der Spree zurückging, somit die volle Turbinenleistung nicht mehr zur Verfügung stand, der Trinkwasserverbrauch aber gleichzeitig stark anstieg. Eine besondere Kupplung verhindert, dass bei Unregelmäßigkeiten der Motor die Turbine antreibt.

Das Trinkwasser wurde durch mehrere Brunnen gewonnen und lief mit freiem Gefälle in einer Rohrleitung entlang der Spree in den neben dem Turm in dem kleinen zylinderförmigen Bauwerk gelegenen Saugwindkessel. Aus diesem saugten die Pumpen das Wasser an und drückten es in den über dem Maschinenraum stehenden Druckwindkessel und weiter über die im unteren Turmteil frei verlegte Leitung in den in der Mönchskirchruine errichteten Hochbehälter. Die Pumpen wurden von der Firma Weise & Monsky, Halle, geliefert. Die kleine Pumpe ist in der Lage, 20 000 Liter Wasser pro Stunde zu pumpen, die große Pumpe schafft 30 000 Liter pro Stunde. Der Hochbehälter wurde auch durch die beiden städtischen Wasserwerke Preuschwitz und Strehla gespeist, so dass die Wasserkunst nicht die ganze Wasserversorgung allein zu tragen hatte. Die durch die Alte Wasserkunst zu liefernde Wassermenge wurde jeweils nach Möglichkeit und Erfordernis festgelegt.
Im Turmanbau befand sich die Dienstwohnung des Kunstmeisters bzw. wie man in der heutigen Zeit den Beruf als Maschinist bezeichnet. Dieser musste die gesamte Anlage bedienen und warten, die jeweilige Pumpe nach Abstimmung mit den anderen Wasserwerken in Betrieb nehmen und das Wehr bedienen. Dazu gehörte auch, das Laub aus dem Rechen zu ziehen, was besonders im Herbst Schwerstarbeit bedeutet.
Da die Wasserwerke alle zusammen nicht mehr in der Lage waren, den gestiegenen Wasserbedarf der Stadt und ihrer Umgebung zu gewährleisten, wurde 1963-65 ein neues Fernwasserwerk in Sdier (nördlich von Bautzen) errichtet. Damit konnte das Werk, Alte Wasserkunst, wo große Reparaturen notwendig geworden wären, u.a. neue Zuleitungen und neuer Druckwindkessel, stillgelegt werden. Zum anderen standen Aufwand (ein Maschinist rund um die Uhr!) und Nutzen in keinem sinnvollem Verhältnis zueinander.


Heutige Nutzung der Anlage

1994 wurde die Maschinenanlage gründlich überholt. Der sehr gute Zustand erlaubt, die Maschinenanlage in Betrieb vorzuführen. Da kein Wasser mehr gepumpt werden kann, wurde die Anlage so eingerichtet, dass nun mit Wasserkraft Strom erzeugt wird. Dazu wurde der Asynchron-Schleifringläufermotor als Generator geschalten. Eine umfangreiche Elektronik überwacht ständig Netzspannung und Frequenz sowie den Stromfluss in den Wicklungen des Generators. Von den ca. 10 Kilowatt, die die Anlage liefern kann, werden 5 Kilowatt im gesamten Gebäude selbst verbraucht, der Rest wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist.
Die Turbine wird in der Regel nur während der Öffnungszeiten in Betrieb genommen.

 

 

 

Kontaktdaten

Ansprechpartner:
Pächter: Tilo Rosjat

Adresse:
Alte Wasserkunst
Wendischer Kirchhof 2
D-02625 Bautzen

Telefon:
+49 (0)3591-41588

E-Mail:
info@altewasserkunstbautzen.de